Mo.. Dez. 30th, 2024

Wie ist eine Yogastunde aufgebaut, welche Schritte gibt es im Ablauf und was sind die Schwerpunkte in der Yogapraxis? Auf diese Fragen möchte ich in diesem Beitrag eingehen, damit Sie ein Bild davon erhalten, was Sie in der Yogastunde erwartet.

Die Hauptmotivation, mit der Interessierte in meinen Yogaunterricht kommen, besteht darin, körperliche Beschwerden aufgrund von Fehlhaltungen und einseitigen Belastungen, die sich aufgrund der Anforderungen im Alltag und Berufsleben ergeben, zu vermindern. Ein zentraler Wunsch ist es, die vitale Kraft des Körpers zu steigern, die Leistungsfähigkeit und Beweglichkeit zu erhöhen und beispielsweise Rücken- und Schulterproblemen entgegen zu wirken. Aus diesem Grund heraus steht in meiner Yogapraxis die Ganzheitlichkeit aus Körper, Atmung und Geist im Mittelpunkt.

Ich beginne meine Unterrichtsstunden stets mit einer Geste des Ankommens im Hier und Jetzt sowie dem Beobachten von Körper, Atmung und Geist. Hierbei stehen das Loslassen der muskulären Anspannung, die Vertiefung und Verfeinerung des Atems sowie das Lösen vom Fluss der Gedanken im Vordergrund. Darauf folgend wähle ich einen Fokus aus, der die innere Einstellung und Haltung gegenüber diesem Fokus oder einem Objekt hervorhebt, ebenso wird das Thema der Stunde in einer kleinen Einstiegsmeditation eingeführt und es erfolgt das Tönen und Vokalisieren eines Mantras. In der nächsten Stufe steht die Bewegung im Mittelpunkt, wobei der Körper durch die Verbindung von Bewegung und Atmung derart aktiviert werden soll, dass die Muskulatur erwärmt und die Gelenke mobilisiert werden.

Nunmehr ist der Körper als Werkzeug für die weitere sādhana Praxis vorbereitet und die körperlich geleiteten āsanas finden ihre zentrale Referenz. Überwiegend statisch ausgeführte Haltungen begleiten den Praktizierenden durch die Stunde, wobei mir das bewusste Hineingehen in eine Haltung, der richtige Atemfluss, das bewusste Halten und Auflösen wichtig ist. Als zentrale Qualitäten hierbei sehen ich die Stabilität des Körpers in der Haltung sowie das Gefühl des Wohlbefindens an. Die einzelnen Haltungen sind in meiner Herangehensweise jedoch nur ein Mittel, um letztendlich Körper und Geist zu harmonisieren und einen inneren Bezug herzustellen.

Auf diesem Weg folgen Elemente des prāṇāyāma im Sinne einer bewussten Regulierung und Vertiefung der Atmung durch einen achtsamen Fokus und die Beständigkeit des Übens. Ich möchte mit diesen Sequenzen unbewusste Atemmuster durch bewusst angewandte Atemtechniken auflösen und neu setzen. Die Atmung betrachte ich als ein Tor zur Welt des inneren Empfindens sowie eine Brücke zwischen Körper und Geist, da durch die Atmung auf diese Ebene ein Einfluss genommen werden kann.[1] In der Kontrolle des Atemflusses wird einerseits das Atemvolumen vergrößert, der Atem tiefer und fließender, andererseits sollen auch die Ausatmung, Einatmung und flankierende Atempausen in ein bestimmtes Verhältnis zueinander gebracht werden.

Mit dieser Verbindung von Körper und Geist sowie der achtsamen Hinwendung zur Atmung kann pratyāhāra folgen, wodurch die Sinne von der äußeren Umwelt hin zu einer internalisierten Beobachtung des eigenen Selbst steuern. Im Ideal ist diese Hinwendung auf die inneren Zustände und Empfindungen weniger eine willentliche Aktivität als vielmehr ein sich selbst einstellender Akt des Praktizierenden. Über diese Stufe hinaus finden letztendlich Körper und Geist ihre Entspannung und die innere Freiheit, eine bewusste Konzentration und Versenkung mit dhāraṇā oder den meditativen Zustand in dhyāna zu erleben. Die Stunde findet ihren Ausklang durch das gemeinsame Tönen eines Mantras und die Fortführung bzw. Projektion des zentralen Stundenthemas in den Alltag und Beruf.


[1]      Eine Vertiefung der Atmung reguliert die Aktivität von nervus vagus, dem größten Nerv des parasympathischen Systems, welches auf die Entspannung des Körpers regulierend einwirkt. Durch diesen Nerv werden insbesondere die Atemtätigkeit, der Herzschlag, die Verdauungsprozesse und die Sensibilität des Hals- und Kehlkopfbereichs angesteuert. Allein die Atmung kann in diesem Rahmen willentlich verändert werden, weswegen eine Vertiefung der Atmung auf die erwähnten Organe und Systeme auswirkt.

Von Editorial

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