Lichte Kronen, schwache Stämme: Dem Waldzustandsbericht für das Jahr 2023 zufolge haben viele Bäume in Hessen unter dem Klimawandel stark zu leiden. Bei Neuaufforstungen ist ein Umdenken längst im Gang.
Es war der letzte Waldzustandsbericht, den Priska Hinz am Mittwoch vorlegte. Und der vorerst wohl letzte mit dem Vorwort einer grünen Ministerin. Hinz geht bald in den Ruhestand, die Grünen vermutlich in die Opposition. Dem Wald in Hessen, das zeigt der Bericht, wird es noch eine ganze Weile ziemlich schlecht gehen.
Elf Prozent der Bäume sind der Studie zufolge im Jahr 2023 durch die Folgen von Wetterextremen sowie Pilz- und Käferbefall stark geschädigt – zwei Prozentpunkte mehr als im Jahr davor. Dass es schlimmer statt besser geworden ist, machen die Experten vor allem am Verlust von Nadeln und Blättern in den Kronen aller Baumarten fest.
“Die Klimakrise muss eingedämmt werden, um den Zustand des Waldes zu stabilisieren”, sagte Hinz bei der Vorstellung der Ergebnisse in einem Wald bei Oberjosbach (Rheingau-Taunus). Zugleich gelte es, jetzt den Wald der Zukunft mit klimaresilienten und vorzugsweise heimischen Baumarten anzupflanzen.
Absterberate verdreifacht
In den Waldzustandsbericht flossen nach Angaben des Umweltministeriums die Daten von rund 4.000 Bäumen ein. Erhoben hat das alles die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt nach bundeseinheitlichen Kriterien. Die Untersuchung fand auf einem für Hessens Wälder repräsentativen, 64 Quadratkilometer großen Dauerbeobachtungsnetz mit 145 Erhebungspunkten statt.
Die wichtigsten Ergebnisse, die der Waldzustandsbericht festhält:
- Der Anteil stark geschädigter Bäume liegt mit elf Prozent mehr als dreimal so hoch wie der Schnitt der vergangenen 30 Jahre.
- Es sterben auch mehr Bäume als in den vergangenen Jahren. Die Absterberate hat sich im langjährigen Schnitt auf 1,4 Prozent ebenfalls verdreifacht.
- Großen Einfluss auf das Ergebnis haben geschädigte Buchen, denn fast jeder dritte Baum in hessischen Wäldern zählt zu dieser Baumart.
- Auch in den Kronen jüngerer Bäume aller Arten wird es etwas lichter. Der Mittelwert der Koronenverlichtung, den die Forstexperten berechnen, ist gegenüber dem Vorjahr geringfügig von 17 auf 18 Prozent gestiegen.
Aufgabe für Generationen
Ein entscheidender Einflussfaktor, die Erderwärmung, hat sich fortgesetzt. Das Vegetationsjahr von Oktober 2022 bis September 2023 war mit einer Mitteltemperatur von 10,6 Grad eines der der wärmsten seit dem Beobachtungsbeginn im Jahr 1881. Nach mehreren Dürrejahren lag dagegen die Regenmenge im Schnitt wieder etwas über dem Soll.
Der Schutz des Waldes sei eine für die Menschen, die Artenvielfalt, das Klima und den Wasserhaushalt zentrale Aufgabe, sagte Ministerin Hinz. Sie betonte: “Dafür braucht es jedoch einen langen Atem.”
Im Mittelpunkt stünden für die Landesregierung die Anpflanzung neuer Wälder auf Kahlflächen und ein Umbau zu klimastabilen Wäldern. Im Staatswald wurden demnach seit 2018 knapp 7.000 Hektar mit etwa 17 Millionen Pflanzen neu bestückt. Auf einem Großteil der Fläche werde sich der Wald natürlich verjüngen.
Für das Wasser zu sorgen, hilft dem Wald
Außerdem seien im Klimaplan des Landes stabilisierende Maßnahmen vorgesehen, führte die Ministerin aus: Um mehr Wasser verfügbar zu machen, würden zum Beispiel Feuchtmulden angelegt, Waldwege von Asphalt befreit und Gewässer und Moore im Wald renaturiert.
Hinz wies auf Zahlungen für kommunale und private Waldbesitzer zur Bewältigung der Folgen von Extremwetter hin. Seit 2019 habe das Land rund 66 Millionen Euro gezahlt, um Wiederaufforstungen und Sicherheitsvorkehrungen zu unterstützen.