Opern und Operetten-Highlights: Jonas Kaufmann begeistert in der Waldbühne – vor allem mit Duett-Partnerin Rachel Willis-Sørensen.
Berlin. Bereits im Sommer 2018 verzauberte Jonas Kaufmann gemeinsam mit den Philharmonikern das Berliner Publikum mit italienischem Liedgut, nun kehrte der berühmte Tenor mit dem Rundfunk-Symphonieorchester Berlin zurück auf die schönste Open-Air-Bühne der Hauptstadt. Seine Fans mussten lange auf ihn warten, denn ursprünglich sollte das Waldbühnen-Konzert des Star-Tenors bereits im August 2021 stattfinden. Dann wurde es auf August 2022 verschoben, doch auch dieser Termin fiel ins Wasser. Erst am zweiten Juli-Wochenende dieses Jahres konnte Kaufmann das lange ersehnte Konzert nachholen.
Er kam nicht alleine. Zum einen wurde er vom Radio-Symphonieorchester Berlin (RSB) unter der Leitung von Jochen Rieder unterstützt, der bereits seit 2009 mit Kaufmann Konzerte mit Opernwerken gibt, zum anderen hatte Jonas Kaufmann eine erstklassige Duett-Partnerin mitgebracht: die international gefeierte amerikanische Sopranistin Rachel Willis-Sørensen. Die Amerikanerin trat bereits in Covent Garden in „Figaros Hochzeit“ als Gräfin auf und sang dort auch die Gutrune in der „Götterdämmerung“. Mit Jonas Kaufmann hat sie bereits 2018 in Johann Strauss’ „Fledermaus“ gesungen.
Für das Waldbühnen-Konzert hatten die beiden Sänger ein vielfältiges Programm zusammengestellt. Es umfasste italienische Arien und Duette von Ruggero Leoncavallo und Giacomo Puccini ebenso wie Operetten-Klassiker von Johann Strauß und Franz Lehár und streifte mit Liedern wie „Ich küsse Ihre Hand, Madame“ auch gelegentlich das Schlager-Genre. Jonas Kaufmann war bestens aufgelegt und zeigte sich auch souveräner Moderator, der mit Witz und Lockerheit durch das Programm führte und Informatives wie Unterhaltsames zu den Stücken zu erzählen wusste.
Auch der Wettergott war der Waldbühne gewogen: Zwar pendelte das Thermometer zu Beginn des Konzerts noch um die 30 Grad-Marke und auch die Sicht war durch die blendende Sonne für Teile des Publikums etwas eingeschränkt. Nachdem diese jedoch hinter den Baumwipfeln verschwunden war, war der Blick auf die Bühne ungestört und zwischendurch wehte auch ein leichtes Lüftchen. Ausverkauft war das Konzert nicht, so blieben einige der oberen Zuschauerreihen leer, angesichts der Hitze an diesem Juli-Wochenende war es jedoch gut besucht.
Der Abend startete mit Tonios Prolog aus Ruggero Leoncavallos Oper „I Pagliacci“. Eigentlich handelt es sich bei der Rolle um eine Bariton-Partie, dennoch schien dieser Prolog Jonas Kaufmann wie auf den Leib geschrieben, da es die warm und voll tönende untere Lage seiner Stimme bestens zum Klingen brachte. Kaufmann beeilte sich jedoch nach dem Vortrag des Prologs zu betonen, dass er keineswegs beabsichtige, das Stimmfach zu wechseln, er schätze jedoch dieses Stück ungemein und wollte es deshalb unbedingt singen. Nach zwei weiteren Stücken kam Rachel Willis-Sørensen auf die Bühne und präsentierte sich mit der Arie der Mimi aus dem 1. Akt von Puccinis Oper „La Bohème“.
Jonas Kaufmann in der Waldbühne: Was oft schmalzig gerät, klingt bei ihm schlicht und natürlich
Dabei zeigte ihre Stimme gleichermaßen samtige Fülle wie auch silbrigen Glanz von großer Strahlkraft. Mühelos springt sie in hohen Lagen und zeigt auch in der Höhe ein beachtliches dynamisches Spektrum. Das Publikum ist zu Recht begeistert, die Amerikanerin wird mit frenetischem Applaus bedacht. Anschließend kommt Kaufmann auf die Bühne dazu, nun wird’s an diesem Abend zu ersten Mal zweistimmig, mit dem Schlussduett von Rodolfo und Mimi, ebenfalls aus dem ersten Akt von „La Bohème“. Man merkte da schnell, dass die beiden schon oft gemeinsam gesungen haben. Sehr organisch gestalten sie dieses beliebte Stück, wie aus einem Atem und farblich exzellent ausbalanciert. Zwischendurch darf auch immer wieder das Orchester seine Qualitäten in mehreren Intermezzi zeigen, dabei entpuppt sich Jochen Rieder als ein glänzender Gestalter, der das RSB mit wunderbarer Leichtigkeit und tänzerischen Schwung durch die Werke führte.
Diese Musizierweise kommt auch dem Operetten- und Schlager-Teil des Konzerts sehr entgegen, der nach der Pause mit dem Lied des Octavio aus Franz Lehárs Operette „Giuditta“ eingeleitet wird. Hier zeigte Jonas Kaufmann großartige Gestaltungskraft. Denn diese Lieder, die bei schwächeren Sängern oft schmalzig und sentimental wirken, klingen aus seinem Mund im besten Sinn schlicht und natürlich und werden dadurch zu ernstzunehmender Musik.
Bald folgt einer der Höhepunkte des ganzen Abends: „Wiener Blut“ von Johann Strauß, das Kaufmann und Willis-Sørensen als betörendes Duett darbieten. Am Schluss wagte das Sängerpaar gar eine kesse Sohle auf der Open-Air-Bühne und wurde für seinen Walzertanz vom Publikum bejubelt. Das reguläre Programm endete mit dem Lehár-Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ aus der Operette „Das Land des Lächelns“, das von Kaufmann mit feiner Nuancierung und Noblesse vorgetragen wurde. Anschließend gab es stehende Ovationen, Sänger und Orchester bedankten sich anschließend mit sechs (!) Zugaben, darunter auch die berühmte Arie „Nessun dorma“ aus Puccinis Oper „Turandot“. Bei den walzerhaften Stücken verließen auch einige Paare aus dem Publikum ihre Reihe und begannen zu tanzen. Es hat zwar lange gedauert, bis die Berliner Jonas Kaufmann in der Waldbühne wieder erleben durften, dafür bekamen sie jedoch schließlich ein fabelhaftes Konzert in Überlänge.
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