Sa.. Dez. 28th, 2024

Wim Wenders widmet dem Künstler Anselm Kiefer mit „Anselm – Das Rauschen der Zeit” ein Porträt, das man am besten in 3D genießt. Unsere tipBerlin-Kritiker Bert Rebhandl und Pamela Jahn erkennen darin sogar ein verschlüsseltes Wenders-Selbstporträt und finden: Mit seinem neuen Film öffnet Wim Wenders sogar Horizonte bis zu „Der Himmel über Berlin”.

Anselm Kiefer fährt mit dem Fahrrad durch seine Kunstfabrik – weil die so groß ist

Der Künstler Anselm Kiefer hat einen Hang zum Monumentalen. Wenn er malt, braucht er oft eine Hebebühne, anders würde er manche Teile seiner großflächigen Bilder nicht erreichen. Seine Ateliers wurden von Jahrzehnt zu Jahrzehnt größer, in Barjac in Südfrankreich hinterließ er der Nachwelt einen privaten Themenpark, in Croissy bei Paris, wo er jetzt daheim ist, geht es wieder ein bisschen kleiner, aber er fährt immer noch mit dem Fahrrad durch seine Kunstfabrik. „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ heißt der Film, den Wim Wenders nun über den deutschen Großkünstler gemacht hat. Idealerweise schaut man ihn in 3D, denn dieses Verfahren hat „eine völlig andere Präsenz“, so der Regisseur.

Wim Wenders: Die Kunst soll im Film „selbst sprechen“

Was im Blockbusterkino die „Avatar“-Filme von James Cameron sind, sind im Arthouse-Bereich die Kunst-Dokumentationen von Wenders. Schon in „Pina“ (über die Choreographin Pina Bausch) setzte er auf räumliche Tiefenwirkung, in „Anselm – Das Rauschen der Zeit“  setzt er nun auf einen Effekt des Hineinnehmens: Er möchte, dass „der Zuschauer darin herumwandern kann“, also in der Welt des Schöpfers.

„Er war heilfroh, als ich ihm gesagt habe, dass wir keine Interviews machen würden. Ich wollte keinen Film, in dem der Künstler selbst erklärt, was er macht. Und ich wollte auch nicht selbst irgendwas erklären.” Die Kunst soll „selbst sprechen“, der Film soll eine „ziemlich unfassbare Erfahrung“ fassbar machen. Das gelingt Wenders auch sehr gut, allerdings käme es bei einem umstrittenen Künstler wie Kiefer vielleicht auch oder sogar eher darauf an, mit der Kunst zu sprechen oder sogar gegen sie. Das wäre aber eine andere Herangehensweise.

Man kann in „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ sogar ein gar nicht allzu verschlüsseltes Selbstporträt von Wenders sehen. Auch er hat sich zunehmend stärker dem Mythos zugewandt, auch er sucht nicht so sehr nach Reflexion, sondern nach einer Kunst, die auf Wahrhaftigkeitseffekte zielt. Die Poesie der einfachen Dinge, das war selbst einmal eine kritische Position, inzwischen möchte jede Industriewurst ein „einfaches Ding“ sein.

In diesem Jahr hat Wenders gleich zwei neue Filme: Neben „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ noch „Perfect Days“, in dem er von einem Toilettenreiniger in Japan erzählt (Kinostart im Dezember). In zwei Jahren wird Wenders 80 Jahre, nach wie vor ist Berlin seine Operationsbasis, sein Netzwerk aber ist global. Und in Anselm Kiefer, den er als „eine Art Universalgenie“ sieht und zeigt, spiegelt Wenders auch seine eigene Weltsicht. Man begreift nun deutlicher, wo „Der Himmel über Berlin“ damals auch herkam.

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