Die AWO-Affäre steht sinnbildlich dafür, wofür staatliche Wohlfahrtsgelder nicht ausgegeben werden sollten: Luxus-Dienstwagen, überhöhte Gehälter oder überflüssige Beraterverträge. Davon alarmiert hat der damalige Sozialminister Kai Klose (Grüne) vor einem Jahr das hessische Transparenzregister an den Start gebracht. “Es muss klar ersichtlich sein, wer welche Mittel erhält und wofür sie eingesetzt werden”, so Klose damals.
Mitarbeiter, Umsätze, Gehälter
Zusammen mit den großen Verbänden der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen wurde eine Plattform entwickelt, auf der alle Vereine, die Zuwendungen vom Land Hessen bekommen, Eckdaten über sich öffentlich machen können. Etwa die Zahl ihrer Mitarbeiter und Einrichtungen, Umsätze bis hin zu den Gehältern der Führungskräfte. Alles freiwillig und ohne Zwang.
Doch nach einem Jahr scheinen die Vereine der Wohlfahrtspflege mit dem Gedanken nach mehr Transparenz noch zu fremdeln. Bislang geben dort nur 49 Vereine Informationen von sich preis. Das Problem mit der Transparenz fängt bereits damit an, dass niemand weiß, wie viel Vereine Geld vom Land Hessen für soziale Zwecke bekommen. “Entsprechende Daten liegen nicht vor”, erklärt ein Sprecher der neuen Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) auf hr-Anfrage.
Schätzung liegt bei 6 Prozent
Dennoch lässt sich in etwa abschätzen, wie hoch die Akzeptanz der Transparenzdatenbank in Hessen ist: Nimmt man die Zahl der Beschäftigten unter dem Dach der Liga in Hessen, sind das 113.000. Die Vereine, die sich in der Transparenzdatenbank eintragen haben, kommen zusammengenommen auf höchstens 6.500 Beschäftigte.
Gemessen daran liegt der Anteil der Vereine, die sich in die Karten schauen lassen, also bei rund 6 Prozent. Wahrscheinlich ist diese Zahl noch zu hoch gegriffen, da nicht alle Vereine, die Landesmittel bekommen, der Liga angehören.
Kaum Interesse bei DRK
Nimmt man die Liga-Verbände unter die Lupe, so stößt man auf große Unterschiede in der Akzeptanz der Datenbank. Schlusslicht ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK), bei dem lediglich der Landesverband Daten von sich preisgibt.
“Wir unterstützen diese Informationsplattform und haben auch unsere 35 DRK-Kreisverbände in Hessen in den Gremien im Frühjahr 2023 ausführlich darüber informiert”, erklärt eine Sprecherin des Landesverbandes auf hr-Anfrage. In Gesprächen mit den Kreisverbänden habe man “auf die Relevanz hingewiesen”, heißt es weiter. Offenbar ohne bislang gehört zu werden.
Nur AWO vollständig vertreten
Von der Caritas finden sich acht Vereine in der Datenbank, von der Diakonie sind es 14. Der Paritätische ist bei 800 Mitgliedsvereinen mit drei vertreten. Der einzige Verband, bei dem jede Gliederung vertreten ist, die Geld vom Land Hessen bekommt, ist die Arbeiterwohlfahrt (AWO).
Ministerium will Entwicklung abwarten
Sozialministerin Hofmann möchte die bisherige Akzeptanz der Datenbank nach einem Jahr nicht abschließend beurteilen. Zuvor “sollten die bisherigen Bemühungen und der Umsetzungsprozess zunächst weiter abgewartet werden”, so ein Sprecher. Ob es für diese Auswertung ein zeitliches Limit gibt, lässt die Ministerin offen.
Liga-Geschäftsführerin Petra Goertz erklärt die große Bandbreite bei der Akzeptanz “mit der unterschiedlichen Struktur der Verbände auf der Landes- und der kommunalen Ebene”. Was das eine mit dem anderen zu tun hat, erklärt sie dabei allerdings nicht. Die Liga Hessen sei “mit der Hessischen Landesregierung im regelmäßigen Austausch zur Weiterentwicklung der Transparenzdatenbank”.
Ob das allerdings zu einem raschen Anwachsen der Datenbank führt, bleibt fraglich. Von den bislang 49 registrierten Vereinen haben sich bis auf zwei unmittelbar nach der Freischaltung vor einem Jahr eingetragen. Seitdem ist auf der Transparenzdatenbank so gut wie nichts mehr geschehen.