Normalerweise gehen die Tage nach dem Saisonende bei einem Eishockey-Klub eher geräuschlos über die Bühne. Spinde werden in der Kabine ausgeräumt, letzte Analysen gemacht, Gespräche geführt – dann verabschieden sich erst einmal so ziemlich alle in die Sommerpause. Klar, es gibt Vertragsverhandlungen, Unterschriften, Pressemitteilungen. Schließlich verändern sich die Kader im Eishockey oft rasant, aber das alles sorgt selten für großen Wirbel. Im Falle der Löwen Frankfurt ist das in diesem Frühjahr komplett anders. Dem Klub drohen turbulente Wochen.
Hintergründe bislang unbekannt
Der Eishockey-Erstligist hat am heutigen Dienstag bekannt gegeben, Sportdirektor Franz-David Fritzmeier mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden zu haben. Wirklich überraschend kam das nicht mehr, nachdem in den vergangenen Tagen immer mehr Gerüchte über ein mögliches Aus aufploppten. Bloß: Die Hintergründe waren nicht bekannt. Auch in ihrer Pressemitteilung nennen die Löwen keine Details. Klar schien bislang lediglich, dass sportliche Gründe nicht ausschlaggebend sein konnten. Schließlich hatte Fritzmeier, seit 2017 in Frankfurt angestellt, den Klub wieder zurück in die DEL geführt und dort zweimal in Folge die Klasse gehalten. Es müssen also andere Dinge sein, die dazu führten, dass die Löwen nun den Vertrag mit dem 43-Jährigen vorzeitig auflösen wollen, obwohl der noch zwei Jahre Gültigkeit besitzt.
Der hr-Sport hat dazu in den vergangenen Tagen etliche Gespräche geführt. Namentlich möchten die Personen nicht genannt werden, aber es ergibt sich ein Bild, das offenbar zur Trennung führte. Nach Informationen des hr-Sports soll es dabei um das Verhalten Fritzmeiers gehen, von zahlreichen Wutausbrüchen ist die Rede. So schildern Spieler von unangenehmen Situationen in der Kabine, von lauten Beschimpfungen, plötzlichen Stimmungsschwankungen. Auch Journalisten waren betroffen. Mitarbeiter des Hessischen Rundfunks wurden vor drei Jahren im Rahmen von Dreharbeiten zu ihrer Doku “Es kann nur einen geben” von Fritzmeier im Kabinentrakt geschubst und beschimpft. Auch der Autor dieses Textes befand sich darunter. Im vergangenen Dezember soll es dann zu einem ähnlichen Vorfall mit einem Journalisten einer Frankfurter Zeitung während eines Heimspiels im Bereich der Sponsoren-Tribüne gekommen sein.
Ehemalige Mitarbeiter sprechen von “Mobbing”
Dinge, die sich offenbar auch intern abspielten. Ehemalige Mitarbeiter sprechen gegenüber dem hr-Sport von “Mobbing” und immer wiederkehrenden Herabstufungen. Sie führen das als Hauptgrund an, warum sie sich letztendlich entschieden, nicht mehr für den Klub zu arbeiten.
Der hr-Sport hat Fritzmeier die einzelnen Vorwürfe geschildert und um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. In dieser schreibt Fritzmeier am gestrigen Montag unter anderem: “Im Profisport, wo es hochemotional hergeht, was in der Natur der Sache liegt, kann es immer mal auch zu Reibungen kommen. Diese verlaufen für gewöhnlich im normalen Rahmen, ohne dass es zu ernsthaften Problemen kommt. (…) Ich bin mir auch nicht zu fein, um Entschuldigung zu bitten, wenn dieses einfach richtig und angemessen ist.”
Prügelei in der Kabine? – Fritzmeier bestreitet Vorwürfe
Der wohl ausschlaggebende Punkt für die nun erfolgte Trennung von Sportdirektor Fritzmeier soll sich allerdings bei einem Heimspiel Ende Februar ereignet haben. Fritzmeier hatte da bereits das Trainer-Amt in Personalunion übernommen, nachdem die Löwen in einen Negativstrudel gerutscht und Chefcoach Matti Tiilikainen entlassen hatten. In einer Drittelpause soll es in der Trainerkabine erst zu heftigen Wortgefechten, dann zu einer kurzen Prügelei gekommen sein. Dies habe auch im Kabinengang postiertes Sicherheitspersonal mitbekommen.
In seiner Stellungnahme schreibt Fritzmeier allgemein: “Die erhobenen Vorwürfe und Darstellungen erstaunen mich sehr – und ich weise diese voll und ganz von mir.” Konkret geht er auf keinen der genannten Vorwürfe ein. Auch Löwen-Geschäftsführer Stefan Krämer wurde vom hr-Sport angefragt, wollte sich zu den Vorfällen allerdings nicht äußern.
Daniel Heinrizi soll neuer Sportdirektor werden
Die Nachfolge auf dem Sportdirektoren-Posten soll nun offenbar Daniel Heinrizi antreten. Der 38-Jährige arbeitete zuletzt als Geschäftsführer Sport beim Zweitligisten Ravensburg Towerstars, davor war er jahrelang in zahlreichen Funktionen beim EC Bad Nauheim tätig. Seine größte Aufgabe wird sicherlich die Suche nach einem neuen Headcoach sein, den Kader wiederum hatte Fritzmeier bereits weit im Voraus geplant und nur noch wenige, für den aktuellen Zeitraum übliche Stellen offen gelassen. Ohnehin hatte Fritzmeier für sein Konzept mit jungen, deutschen Spielern von allen Seiten Lob erhalten, fachlich gehört er sicher zu den besten Managern der DEL. Eine große Lücke, die man in Frankfurt nun füllen muss.