Mega-Baustellen, die stillstehen, und Warenhäuser vor dem Ausverkauf: Die Signa-Insolvenz hat in Berlin eine Spur der Verwüstung hinterlassen – und der Senat schaut tatenlos zu. Ob am Ku’damm rund ums KaDeWe oder am Hermannplatz, wo Berlins wichtigste Karstadt-Filiale steht. Wie geht es weiter?
Um die Dimensionen des ganzen Schlamassels zu ermessen, begibt man sich am besten in die City West. Genau genommen in die Nähe des KaDeWe. Dort, in den Seitenstraßen des Ku’damms, erstreckt sich eine stadtbekannte Flaniergegend. In einem Geschäft namens „Delikatessen Berözka“ verkaufen Feinkosthändler russischen Kaviar; ein paar Meter weiter lässt Tim Raue, der berühmte Star-Koch, in einer Brasserie französische Speisen auftischen.
In diesem Nobelviertel, einer so genannten „A-Lage“, wo Alt- und Neureiche defilieren, zeigen sich die Folgen der Signa-Insolvenz so grotesk wie nirgends sonst. Man muss bloß in die Nürnberger Straße schlendern. An dieser Adresse ist die Implosion eines außergewöhnlichen Prestige-Projekts aus dem Portfolio des österreichischen Konzerns zu besichtigen. Unter den Hausnummern 50-55 firmiert ein Objekt mit Geschichte. Ein Gebäuderiegel aus Zeiten der Weimarer Republik im Stil der Neuen Sachlichkeit. Der Signa-Konzern hat das Gebäude vor nicht langer Zeit gekauft, um eine Renaissance in die Wege zu leiten.
Der Bau symbolisiert, wie tief sich der global player, den René Benko lenkte, ins Herz der Stadt gefressen hat. Zugleich steht er dafür, wie dieselbe Firma der Politik und Gesellschaft monumentale Planungsruinen eingebrockt hat.
Die Signa-Insolvenz: Das milliardenschwere Betongold entzweit die Politik
Vielerorts sind die Leute alarmiert. Wie soll der Senat umgehen mit dem ganzen Signa-Betongold in Berlin, das alles in allem wohl deutlich mehr als eine Milliarde Euro wert ist? Die Fronten sind klar: Die schwarz-rote Regierungskoalition spekuliert darauf, dass sich private Investoren für die Besitztümer finden – oder der lädierte Konzern die Insolvenz halbwegs auskuriert übersteht. Politiker aus dem linken Spektrum wittern hingegen die Chance, dass sich die öffentliche Hand nun aparte Immobilien sichern könnte, jedenfalls vereinzelt.
Hinzu kommen verantwortungsethische Fragen: Wie konnte es passieren, dass man einem unseriösen Unternehmen, das Zahlen aufgebläht hat, so viel Gestaltungsmacht überlassen hat? Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Fehler? Um die Misere zu verstehen, muss man Aufstieg und Fall der Signa-Gruppe rekapitulieren – mit Blick auf die Hauptstadt.