Eine englische Boulevard-Zeitung hat dem Frankfurter Bahnhofsviertel unlängst den Titel “gefährlichster Slum Deutschlands” verpasst. Gegen dieses Image will die Stadt verstärkt vorgehen. Einige Maßnahmen wurden am Dienstag vorgestellt.
Wie mächtig der Boulevard immer noch sein kann, zeigt sich dieser Tage bei der Diskussion um das Frankfurter Bahnhofsviertel. Seit das auflagenstarke englische Revolverblatt “Sun” den Stadtteil als “größten Slum Deutschlands” und “Zombieland” bezeichnete, das von tausenden aggressiven Drogenabhängigen bevölkert werde und in dem Schießereien auf offener Straße an der Tagesordnung seien, ist das ewig verruchte Viertel mal wieder in aller Munde. Der Hintergrund: Während der Fußball-Europameisterschaft im Juni und Juli werden fünf Spiele in Frankfurt ausgetragen.
Vielleicht erklärt das, warum am Dienstag beim vierten “Dialogforum Bahnhofsviertel” nicht nur Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) auf der Bühne stand, sondern mit ihm nicht weniger als sieben Dezernentinnen und Dezernenten – zwei Drittel des Frankfurter Magistrats. In einer eigens einberufenen Pressekonferenz wurde über ein geplantes Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation im Stadtteil informiert.
Josef will schnelle Verbesserung
Oberbürgermeister Josef verwahrte sich gleich zu Beginn gegen “Polemik in die eine oder andere Richtung”. Es bringe nichts, die Situation zu beschönigen, sie zu überdramatisieren sei jedoch ebenfalls nicht hilfreich. Er betonte zudem, dass man sich im Magistrat auch im Hinblick auf die anstehende Fußball-EM zwar eine schnelle Verbesserung der Situation erhoffe, jedoch “eher von einem Marathon als einem Sprint ausgehe”.
Konkrete Maßnahmen sollen bereits in den kommenden Wochen in den Bereichen Sicherheit, Sauberkeit, Quartiersaufwertung und Drogenhilfe umgesetzt werden.
- Bereits umgesetzt ist die Einrichtung einer Waffenverbotszone im Bahnhofsviertel. Diese gilt bereits seit November letzten Jahres. Laut Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller wurden seitdem im Viertel 41 Messer konfisziert. Hinzu kämen Schlagringe, Schreckschusspistolen und Teleskopschlagstöcke.
- Ebenfalls bereits umgesetzt wurde die Installation von Videoüberwachungsanlagen. Allein im Bahnhofsviertel seien durch deren Einsatz 178 Straftaten aufgeklärt worden, darunter 53 Fälle von Körperverletzung und 22 Fälle von Raub. Die derzeit bereits bestehenden drei Videomasten sollen noch im Mai um zwei weitere ergänzt werden.
- Eine gemeinsame Sicherheitsstreife von Landes- und Stadtpolizei soll zunächst über die Sommermonate auf der Kaiserstraße zwischen Bahnhofsvorplatz und Moselstraße patrouillieren.
- Bereits ab dem 1. Mai sollen die Arbeitseinsätze von Straßenreinigung und Entsorgung in den Früh- und Spätschichten verlängert werden. Täglich sollen eine zusätzliche Nassreinigung der Straßen sowie eine zusätzliche Tonnenabfuhr erfolgen. Die Spätschicht der Straßenreinigung erhält vier zusätzliche Mitarbeiter.
- Bis Juni 2024 sollen an drei Standorten öffentliche Toiletten eingerichtet werden.
- Die Essensausgabe durch Privatinitiativen soll künftig an einem zentralen Ort gebündelt werden. Damit soll unter anderem der dabei entstehende Müll besser entsorgt werden können
Drogenhilfe
- Die Zuschüsse für Träger der Drogenhilfe werden aufgestockt. Die Stadt stellt insgesamt zwei Millionen Euro zusätzlich für Straßenarbeit und die Ausweitung der Öffnungszeiten von Einrichtungen der Drogenarbeit zur Verfügung.
- Schwerbehinderte Drogenabhängige sollen in festen Unterkünften untergebracht werden.
- Geprüft wird die Einrichtung eines Modellprojekts für Crack-Abhängige.