Das Verbot von Gendersonderzeichen an hessischen Hochschulen gilt nur für die Kommunikation in der Verwaltung. Das hat das Wissenschaftsministerium beschlossen. Minister Timon Gremmels verriet dabei, was er grundsätzlich von dem Thema hält.
Das umstrittene Verbot der schwarz-roten Landesregierung von Genderzeichen wie Binnen-I und Gendersternchen gilt nur für einen Teil der Aufgaben der Hochschulen. Das geht aus einer am Montag verschickten Dienstanweisung des Wissenschaftsministeriums hervor, die der Nachrichtenagentur dpa in Wiesbaden vorliegt.
Demnach gilt das Verbot nicht für die weiten Bereiche der Lehre und Forschung, sondern nur für die Verwaltungen der Hochschulen, also etwa für deren Gebührenbescheide, Schreiben zur Vergabe von Studienplätzen und Beförderungen.
Minister: “Hätte Genderverbot nicht gebraucht”
Wissenschaftsminister Timon Gremmels (SPD) sagte der dpa: “Ich hätte das Thema Genderverbot nicht gebraucht.” Er stehe aber zur Umsetzung des Koalitionsvertrags von CDU und SPD. Darüber hinaus seien ihm auch Hinweise bekannt, wonach Gendersonderzeichen für Menschen mit Lernbehinderungen oder mit Deutsch als Fremdsprache ein Hemmnis sind.
Die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Lehre und Forschung von Hochschulen taste das Wissenschaftsministerium wohlweislich nicht an. Ansonsten würden die Vorgaben des Rates der deutschen Rechtschreibung strikt beachtet.
Kritik der Hochschulen
Zuvor hatten sich Universitäten gegen ein Genderverbot gewandt. Der Präsident der Frankfurter Goethe-Universität, Enrico Schleiff, erklärte im April in einem internen Rundschreiben: “Die hessischen Universitäten verstehen sich als vielfältige und inklusive Orte, die sich die Verwirklichung von Gleichstellung, Diversität und Antidiskriminierung zum Ziel gesetzt haben.” Dazu gehöre auch, Personen aller Geschlechtsidentitäten in der Ansprache einbeziehen zu können.
“Ein Eingriff der Landesregierung in die Sprache an den Hochschulen wäre eine massive Einschränkung der im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung garantierten Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre”, mahnte Schleiff.
Ministerium reagierte unmittelbar
Das Wissenschaftsministerium hatte im April unmittelbar Stellung zu dem Rundschreiben bezogen. Ein Sprecher hatte dem hr mitgeteilt, dass die Kritik und die Befürchtungen grundsätzlich zwar nachvollziehbar seien, jedoch fußten sie auf einer falschen Annahme der Ausgestaltung der Regelungen, die sich noch in Erarbeitung befänden.
“Eine geschlechtergerechte Sprache (…) ist ausdrücklich in den geplanten Regelungen vorgesehen”, hieß es damals bereits in der Mitteilung. Die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit blieben zudem unberührt. Von einer massiven Einschränkung der im Grundgesetz garantierten Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre könne nicht die Rede sein.
Regelung gilt auch für Staatstheater
Auch bei den Staatstheatern Darmstadt, Wiesbaden und Kassel bezieht sich das Genderverbot laut Gremmels’ Mitteilung vom Montag nur auf die Verwaltungen: “Der künstlerische Bereich unterliegt der grundgesetzlich geschützten Kunstfreiheit.”
Im Koalitionsvertrag der im Januar gestarteten schwarz-roten Landesregierung heißt es: “Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie weiteren staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt.”