Der Bund will größter Aktionär der Commerzbank bleiben. Der Verkauf weiterer Anteile wurde bis auf Weiteres ausgeschlossen. Dahinter stecken Befürchtungen, die Commerzbank könnte geschluckt werden.
Der Bund will vorerst keine weiteren Commerzbank-Anteile mehr verkaufen. Das hat laut Finanzagentur des Bundes der zuständige Lenkungsausschuss in Berlin beschlossen. Den Angaben zufolge betrifft das auch etwaige Aktienrückkäufe. Die Commerzbank AG sei ein stabiles und ertragsstarkes Institut, hieß es in der Mitteilung der Finanzagentur des Bundes, und: “Ihre Strategie ist auf Eigenständigkeit ausgerichtet.”
Damit verweist der Bund auf den Hintergrund seiner durchaus überraschenden Entscheidung: der plötzliche Einstieg der italienischen Großbank Unicredit bei der Commerzbank. Das Unternehmen hatte sich vor zehn Tagen meistbietend sämtliche vom Bund veräußerten Anteile gesichert – insgesamt 4,49 Prozent – und zudem weitere 4,7 Prozent gekauft, so dass Unicredit damit nun 9,2 Prozent der Unternehmensanteile hält. Damit ist die Unicredit nach dem Bund und dem US-Vermögensverwalter Blackrock drittgrößter Anteilseigner des DAX-Konzerns.
Versteckspiel der Unicredit weckt Misstrauen
Das Pikante: Erst nach dem Zuschlag des Aktienpakets an Unicredit wurde bekannt, dass die Italiener weitere Commerzbank-Aktien an der Börse gekauft hatten, einen Teil davon über sogenannte Derivate – deshalb wurde nach den gültigen Regeln die Meldeschwelle von drei Prozent zunächst nicht erreicht, und der Aktienkauf blieb dadurch verborgen. Und: Die Unicredit zahlte für die Anteile des Bundes sogar pro Aktie 60 Cent mehr, als sie zum Handelsschluss des betreffenden Tages wert waren.
Dieses Vorgehen ließ Zweifel an den Zielen von Unicredit aufkommen. Es bestand die Befürchtung, die Italiener könnten die Commerzbank – entgegen öffentlicher Äußerungen – schlucken. Zwar hatte Unicredit-Chef Andrea Orcel immer wieder für eine Fusion geworben, Pläne für eine sogenannte feindliche Übernahme allerdings dementiert. Der Bund – aktuell im Besitz von zwölf Prozent der Commerzbank-Anteile und damit größter Aktionär – will aber nun offenbar auf Nummer Sicher gehen.
Gewerkschaft und Betriebsrat appellieren an den Bund
Mit seiner Entscheidung entspricht der Bund, der im Zuge der Finanzkrise bei der Commerzbank eingestiegen war, um das kriselnde Kreditinstitut zu stützen, auch Forderungen der Arbeitnehmerseite. Denn schon vor der Stellungnahme der Finanzagentur hatte die Gewerkschaft ver.di und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank Widerstand vom Bund gegen eine Übernahme durch Unicredit verlangt. Die Bundesregierung müsse sich für eine starke, unabhängige Commerzbank einzusetzen, hieß es in einem gemeinsamen Statement der Arbeitnehmervertreter.
“Der Bund darf keine weiteren Anteile an der Commerzbank abgeben, sondern muss sich klar für den Erhalt der Commerzbank als eigenständiges Institut positionieren, auch und gerade im Interesse der deutschen Wirtschaft”, forderte ver.di-Chef Frank Werneke. Und der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Uwe Schräge hatte bereits gewarnt: Sollte ein Deal mit der Unicredit zustande kommen, könnten zwei Drittel der Arbeitsplätze wegfallen. Ende Juni zählte die Commerzbank nach eigenen Angaben weltweit rund 38.700 Vollzeitstellen, davon mehr als 25.000 in Deutschland.