Fr. Okt 18th, 2024

Mit seiner Zeltstadt zur Unterbringung von Flüchtlingen sorgte Bensheim bundesweit für Schlagzeilen. Mittlerweile hat sich die Situation an der Bergstraße entspannt. Grund zur Entwarnung sieht der Kreis allerdings noch nicht.

Die Bilder von der Bensheimer Zeltstadt erlangten im vergangenen Jahr bundesweite Aufmerksamkeit. Bis zu 1.000 Geflüchtete waren dort zeitweise auf engstem Raum untergebracht. Matthias Schimpf (Grüne), als hauptamtlicher Kreisbeigeordneter des Kreises Bergstraße noch heute für die dortigen Flüchtlinge zuständig, sprach in TV-Talkshows über die schwierige Situation.

Deutlich weniger Geflüchtete

Heute ist die Zeltstadt nahezu abgebaut, nur noch rund 300 Plätze will Schimpf für den Notfall noch in Bereitschaft halten. Die Situation hat sich auf den ersten Blick entspannt. Es kommen deutlich weniger Geflüchtete im Landkreis an. Bis Ende August waren es in diesem Jahr laut Schimpf 630, im Jahr 2023 insgesamt 2.188.

Entwarnung will der Grünen-Politiker dennoch nicht geben. “Wir sind immer noch hinter der Lage”, sagt er. Selbst wenn – rein hypothetisch – ab morgen keine neuen Flüchtlinge mehr kämen, so würde es laut Schimpf Jahre dauern, alle Menschen in geordnete Wohnverhältnisse zu bringen.

Downgrade: Von der Wohnung in den Container

Seit Mai 2023 werden vor allem Geflüchtete mit Aussicht auf Bleiberecht vom Kreis den Kommunen zugewiesen. Diese müssen dann die Unterkünfte und das Betreuungspersonal stellen. So auch in Lorsch, wo Schimpf selbst Kommunalpolitiker ist.

“Die Kommunen haben meistens Container”, berichtet er. Dies führt in Lorsch beispielsweise zu der grotesken Situation, dass Flüchtlinge, die bislang in einer vom Kreis angemieteten Wohnanlage untergebracht waren, in die Container gegenüber ziehen müssen, die der Stadt gehören – gewissermaßen ein Downgrade.

“Zur Integration gehört selbstbestimmtes Wohnen”

In dem Wohnblock haben sich zwar auch mehrere Personen eine Unterkunft geteilt. “Aber es ist eben etwas anderes, ob du mit wenigen eine Wohnung mit Bad, Küche und Aufenthaltsraum hast oder ob du dir im Container Toilette und Bad mit 50 Leuten teilen musst.”

Zur Integration gehöre neben Sprache und Arbeit eben auch selbstbestimmtes Wohnen, findet Schimpf. “Und das gelingt immer weniger, teilweise gar nicht.” Denn im ohnehin verdichteten Kreisgebiet sei Fläche knapp und der Wohnungsmarkt schon jetzt angespannt.

Eklatanter Personalmangel

Großen Bedarf gibt es aber auch auf anderen Ebenen, insbesondere beim Personal. Denn der Fachkräftemangel macht sich auch in der öffentlichen Verwaltung bemerkbar. Über die prekäre Situation in einigen Ausländerbehörden wie Darmstadt oder Frankfurt hatte auch hessenschau.de mehrfach berichtet.

“Wir finden schlicht und ergreifend die Arbeitskräfte nicht auf dem Markt”, beklagt Schimpf. Auf dem Ausländeramt mit seinen verschiedenen Rechtsgebieten etwa sei mindestens eine klassische Verwaltungsausbildung nötig.

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