Die Band “Unvermeydbar” aus Nordhessen tourt von Mittelaltermarkt zu Mittelaltermarkt. Ihr nächster Stopp: die Burgfestspiele auf der Burg Ronneburg. Die Märkte sollen möglichst authentisch sein, aber keine Rückkehr in die Zeit, betonen Band und Veranstalter.
Wenn Johannes Laubert an diesem Wochenende mit seiner Band “Unvermeydbar” auf der Burg Ronneburg im Main-Kinzig-Kreis auftritt, wird der 31-Jährige aus Hofgeismar (Kassel) zu einem mittelalterlichen Spielmann. In grün-braunem Gewand steht er dann mit seinen vier Bandkollegen und -Kolleginnen vor den Zuschauern der Burgfestspiele in Ronneburg.
Mit zwei Dudelsäcken, zwei Trommeln und einer Geige erzeugt die Band einen mittelalterlich-wilden Klang. Die Melodien sind fröhlich, der Rhythmus treibend. Zwei Tage lang kehrt die Burg Ronneburg aus dem 13. Jahrhundert zurück in die Zeit, in der sie auch gebaut wurde.
“Ein Hobby, das einen verbindet”
Kunsthandwerker, Händler und Gaukler und täglich bis zu 8.000 Besucher pro Tag werden bei dem mittelalterlichen Markt am Samstag und Sonntag erwartet. Auf seinen ersten Mittelaltermarkt ist Laubert vor allem wegen der Musik gegangen.
Er hatte als Jugendlicher zuerst nur Mittelalter-Rock gehört, ehe er später ganze Wochenenden auf den Märkten verbrachte und dort “lagerte” – das heißt, auf Fellen in einem historischen Zelt schlafen, Lagerfeuer machen und dort den Tag verbringen. “Wenn man dieses Hobby teilt, hat man immer etwas, das einen verbindet.”
Laubert arbeitet hauptberuflich als Schlosser, die Auftritte mit “Unvermeydbar” sind seine Leidenschaft und inzwischen auch sein Nebenberuf.
Markt auf der Ronneburg möglichst historisch
Markus Hofer vom Verein Freunde der Ronneburg organisiert die Burgfestspiele. Der Mittelaltermarkt ist einer von rund 1.000 Veranstaltungen in Deutschland. Dem Verein sei es wichtig, den zweitägigen mittelalterlichen Markt möglichst historisch darzustellen. “Einen Plastik-Aufstellpavillon mit einem Alugestell gibt es bei uns definitiv nicht”, sagt er.
Die Händlerinnen und Händler sollten historisch gewandet sein, sodass das Gefühl, “eine kleine Zeitreise zu machen”, erhalten bleibe, erklärt Hofer. Für den Markt werde auch der Marktplatz im Inneren der Burg mit Stroh ausgelegt.
Ein hunderprozentiger Mittelalter-Markt sei nicht möglich, wie er einlenkt. Im Lebensmittelbereich beispielsweise gehe es nicht ohne Handschuhe. Auch wolle niemand auf den Komfort von Toiletten mit Spülung verzichten.
Mittelalter bietet “Attraktionsmoment” für Rechte
Die Mittelalter-Szene sieht sich aber auch Vorwürfen konfrontiert: Bei dem Wikingerfest Wolin in Polen trugen Rechtsextreme auf dem Festival in diesem Frühjahr offen ihre Symbole zur Schau. Karl Banghard, Direktor des Archäologischen Freilichtmuseums Oerlinghausen (Nordrhein-Westfalen), beschäftigt sich unter anderem mit dem Thema, wenn Rechtsextreme Geschichte für sich umdeuten. Darin sieht er die Gefahr für die Gesellschaft.
“Die einzige politische Gruppe, die erkannt hat, dass man damit Politik machen kann, ist die extreme Rechte”, sagt er. Mittelaltermärkte seien zunächst ein Ort, an dem man sein Verständnis von Geschichte erzählen und frei verkörpern könne. Das biete laut Banghard einen “Attraktionsmoment”.
Band trägt Buttons gegen Rechts
Bei den Burgfestspielen auf der Ronneburg sei für Rechtsextremismus kein Platz, betont Hofer: “Wir sind nur intolerant gegenüber Intoleranz.” Auch Laubert, der mit seiner Band von Mittelaltermarkt zu Mittelaltermarkt tourt, hält die Szene für solidarisch, bei Vorfällen halte diese dagegen und konfrontiere.
“Wir hatten mal den ein oder anderen Fall, da haben wir dann gesagt: Überleg’ doch mal, ob dein Weltbild so cool ist”, erzählt er. Die Band selbst trägt bei jedem Auftritt eine politische Botschaft – einen hölzernen “Fuck AfD”-Button.
Laubert will nicht ins Mittelalter zurück
Dieses Jahr treten “Unvermeydbar” insgesamt 25 Mal auf, zusätzlich zu Veranstaltungen wie Geburtstagen oder Hochzeiten. Dabei haben alle fünf Band-Mitglieder im richtigen Leben Vollzeit-Jobs. Im richtigen Leben sind die fünf Spielleute Ingenieur, Lehrerin oder Schlosser.
Sie übernachten an den vielen Auftritten an den Wochenenden inzwischen auch nicht mehr auf den Märkten im sogenannten Lager, sondern mittlerweile im Hotel, wie Laubert sagt.
Auch sonst geht die Mittelalter-Band mit der Zeit: Auf Tiktok haben sie in eineinhalb Jahren über 240.000 Follower generiert. Würde er gerne im Mittelalter leben? “Auf gar keinen Fall”, sagt Laubert. Er findet es schön, ein romantisiertes Bild des Mittelalters spielen zu dürfen.