Do.. Feb. 20th, 2025

Kennst du dieses Verlangen nach etwas Süßem nach dem Essen? Dieses Bedürfnis, „etwas Süßes“ zu essen, selbst wenn du bereits satt bist?

Im Englischen wird dies als „Dessert stomach“ bezeichnet, und es scheint mit einer bestimmten Gruppe von Nervenzellen im Gehirn verbunden zu sein, die eines der körpereigenen Opioide freisetzen.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns haben eine Studie durchgeführt, die nun in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht wurde. Sie untersuchten das Verhalten von Mäusen in Bezug auf Zucker – und später auch das von menschlichen Freiwilligen.

Besonders auffällig war die Reaktion der Tiere auf die Verfügbarkeit von Süßem: Selbst völlig gesättigte Mäuse fraßen weiterhin Zucker, wenn er ihnen zur Verfügung stand.

Untersuchungen ihrer Gehirne ergaben, dass eine bestimmte Gruppe von Nervenzellen für dieses Verhalten verantwortlich ist – die sogenannten POMC-Neuronen. Diese setzen Signalstoffe frei, die einerseits das Sättigungsgefühl auslösen, andererseits aber auch das Verlangen nach Süßem verstärken, indem sie eines der körpereigenen Opioide, die β-Endorphine, freisetzen. Diese β-Endorphine wirken wiederum auf andere Nervenzellen mit Opioidrezeptoren und lösen ein Belohnungsgefühl aus, das die Mäuse dazu bringt, Zucker auch über die Sättigung hinaus zu konsumieren.

Interessant ist, dass diese POMC-Neuronen bereits aktiv wurden, sobald die Mäuse Zucker wahrnahmen, noch bevor sie ihn fraßen.

Darüber hinaus wurde das Opioid β-Endorphin sogar im Gehirn von Mäusen freigesetzt, die zuvor noch nie Zucker konsumiert hatten: Sobald die erste süße Lösung in ihren Mund gelangte, wurde β-Endorphin ausgeschüttet – und der Effekt verstärkte sich mit weiterem Zuckerkonsum. Als die Forscher diesen Mechanismus blockierten, verzichteten die Mäuse vollständig auf Zucker.

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt: Dieser opioidgesteuerte Mechanismus wurde nur durch Zucker ausgelöst, nicht jedoch durch normale oder fettreiche Nahrung. Der Effekt trat zudem nur bei satten Tieren auf, nicht bei hungrigen Mäusen.

Die Forscher führten auch Gehirnscans bei menschlichen Probanden durch, die eine Zuckerlösung durch einen Strohhalm tranken, und stellten fest, dass dieselbe Gehirnregion reagierte wie bei den Mäusen.

„Aus evolutionärer Sicht ergibt das Sinn: Zucker ist in der Natur selten, liefert aber schnelle Energie. Das Gehirn ist darauf programmiert, Zucker immer dann aufzunehmen, wenn er verfügbar ist“, erklärt Henning Fenselau, Leiter der Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung und Hauptautor der Studie.

Diese Erkenntnisse könnten potenziell für die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Fettleibigkeit genutzt werden.

Bestätigt wurde außerdem, dass süße Lebensmittel – insbesondere solche, bei denen Zucker nicht natürlich vorkommt (wie in Milch oder Obst), sondern zugesetzt wird – eine „süchtig machende“ Wirkung haben und im Körper (und Gehirn) eine echte Abhängigkeit erzeugen.

Bereits vor einigen Jahren hatten Forscher des Max-Planck-Instituts in Zusammenarbeit mit der Yale University gezeigt, dass Lebensmittel mit einem hohen Fett- und Zuckergehalt unser Gehirn verändern: Wenn wir regelmäßig auch nur kleine Mengen davon konsumieren, lernt das Gehirn, sie auch in Zukunft zu bevorzugen – und kann nicht mehr darauf verzichten.

„Unser Gehirn entwickelt bei künstlich konzentrierten Nahrungsmitteln ähnliche Mechanismen der Gewöhnung und Abhängigkeit wie bei Suchtstoffen wie Alkohol, Nikotin oder Drogen“, erklärt Dr. Stefano Erzegovesi, Ernährungsmediziner und Psychiater.

„Süchtig machende“ Lebensmittel zeichnen sich durch einen hohen Gehalt an Salz, Zucker und Fett aus, wie es bei vielen industriell verarbeiteten Produkten der Fall ist – sowohl bei süßen als auch bei herzhaften Speisen.

„Unser Gehirn ist dem unserer Vorfahren (die darauf ausgerichtet waren, Hungersnöte zu überleben) noch zu ähnlich, um mit Lebensmitteln klarzukommen, die so konzentriert an Salz, Zucker, Fett und bestimmten knusprigen oder weichen Konsistenzen sind, dass sie schnell süchtig machen“, ergänzt der Psychiater.

Doch ein völliges Verbot solcher Lebensmittel kann das Problem verschärfen – durch Heißhungerattacken.

„Stattdessen können wir unseren Gaumen nach und nach (aber täglich) an weniger konzentrierte Farben, Geschmäcker und Konsistenzen gewöhnen. Zum Beispiel: Wenn wir unserem Kaffee 4 Gramm Zucker anstelle von 5 Gramm hinzufügen, wird unser Gaumen den Unterschied kaum bemerken. Das gleiche Prinzip gilt für weniger gesalzene und fetthaltige Lebensmittel. Der einzige notwendige Faktor für diesen schrittweisen Wandel ist Zeit – um unsere Bissen ein paar Sekunden länger zu kauen: Wir müssen nicht wie Zen-Mönche kauen, aber wir könnten versuchen, einen Bissen zehnmal zu kauen, anstatt ihn fast sofort herunterzuschlucken“, empfiehlt der Experte.

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